KI und kreative Arbeit: Chance oder Bedrohung?
Der THU-Gipfel zeigt, wie Künstler die Risiken und Möglichkeiten von KI-Technologien diskutieren.
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Worum geht es?
Die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) beschleunigen sich – und mit ihnen die Sorgen, aber auch Hoffnungen vieler Künstler. Beim digitalen Kunstfestival "Trojan Horse Was a Unicorn" (THU) in Portugal trafen sich diese Woche über 750 Kreativschaffende, um über die Rolle der KI in der Unterhaltungsindustrie zu diskutieren. Doch die Stimmung war nicht nur von Euphorie, sondern auch von tiefer Verunsicherung geprägt. Können Technologien wie Runways "Gen-3 Alpha" oder OpenAI’s neues Text-zu-Video-Tool "Sora" den Menschen im kreativen Schaffen ersetzen?
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KI erobert Hollywood und die Spieleindustrie – auf Kosten der Kreativen?
Der digitale Fortschritt ist unaufhaltsam: Während es früher Wochen dauerte, komplexe visuelle Effekte zu gestalten, können moderne KI-Tools diese Prozesse in wenigen Stunden umsetzen. Hollywood setzt deshalb zunehmend auf KI, um kostspielige und zeitaufwändige Produktionen effizienter zu gestalten. Ein Beispiel: Sony möchte künftig Filme und Serien verstärkt mit KI-Technologie umsetzen. Auch Branchenriesen wie Lionsgate arbeiten mit KI-Unternehmen wie Runway AI zusammen, um "kapital-effiziente" Inhalte zu kreieren.
Ein Blick auf die Spieleindustrie zeigt: Seit 2023 wurden mehr als 10.000 Stellen gestrichen, unter anderem durch den Einsatz von KI. Das Unternehmen Activision Blizzard hat 2024 allein 1.900 Mitarbeiter entlassen. Auch Riot Games, bekannt für "League of Legends", kürzte seinen Mitarbeiterstab um 11 Prozent. Junge Talente, die traditionell durch die Gestaltung von Konzepten und Entwürfen den Einstieg fanden, sehen ihre Chancen schwinden – KI erledigt ihre Arbeit immer häufiger und kostengünstiger.
Widerstand der Künstler: “Es ist Identitätsdiebstahl”
Die Künstlerin Karla Ortiz, deren Werke die visuelle Welt von "Doctor Strange" mitprägten, gehört zu den prominentesten Kritikern. Sie wirft KI-Unternehmen wie Stability AI vor, ihre Werke ohne Einwilligung für die Entwicklung generativer Modelle genutzt zu haben. "Das fühlt sich an wie Identitätsdiebstahl", so Ortiz. Gemeinsam mit anderen Künstlern hat sie eine Sammelklage eingereicht, um den unautorisierten Einsatz ihrer Werke zu unterbinden.
Tatsächlich sind rechtliche Fragen noch weitgehend ungeklärt. Zwar konnten einige Klagepunkte vorläufig abgewiesen werden, doch Ortiz und ihre Mitstreiter kämpfen weiter. Sie sind überzeugt: Sollten sie den Prozess gewinnen, könnte dies das Geschäft von KI-Unternehmen wie Stability AI massiv beeinflussen.
KI-Unternehmen betonen wirtschaftliche Vorteile
Während Künstler und Kreative Alarm schlagen, sehen KI-Unternehmen ihre Technologien als Rettung für die Kreativbranche. Cristobál Valenzuela, Mitbegründer von Runway AI, erklärt: "Der Aufwand für Filme und Serien ist enorm gestiegen. Wir glauben, dass Technologie helfen kann, diese Kosten zu senken." Für Valenzuela birgt KI das Potenzial, kreative Prozesse zu beschleunigen, und gleichzeitig die Anzahl der Produktionen zu erhöhen – und damit auch Arbeitsplätze zu schaffen.
Einige Brancheninsider teilen diese Ansicht und vergleichen den technologischen Wandel mit früheren Innovationen, etwa dem Übergang zur Computeranimation. Wie damals müsse sich die Branche anpassen und neue Fähigkeiten erlernen, so Valenzuela. Allerdings werden es nicht alle schaffen – der Konkurrenzdruck steigt, und diejenigen, die KI nicht nutzen, könnten auf der Strecke bleiben.
Der THU-Gipfel: Ein kreatives und kritisches Treffen
In Portugal versammelten sich die Künstler zum Meinungsaustausch. Während die einen die Chancen sehen, die KI bietet, stehen andere der Technologie skeptisch gegenüber. "Kunst sollte von Menschen gemacht werden", sagt João, ein portugiesischer Spieledesigner, dem die persönliche Erfahrung und das menschliche Element in der Kunst wichtig sind. Diese Einstellung teilen viele – auch Rosa, eine Konzeptkünstlerin, die KI als Bedrohung sieht: "Im Endeffekt stiehlt KI unsere Arbeit und unsere Jobs."
Doch es gibt auch optimistischere Stimmen. Andre Luis, CEO von THU, betont: "Anstatt die Augen zu verschließen, müssen Künstler lernen, die Technologie zu nutzen." Ihm zufolge liege das Problem nicht in der KI selbst, sondern in deren Handhabung durch Manager und Entscheidungsträger. "Die Kreativen müssen selbst den Weg vorgeben, wie KI zur Unterstützung der Kunst eingesetzt wird."
Die Zukunft der kreativen Arbeit: Indie-Revolution statt Massenentlassungen?
Die Technologie hinter der KI verspricht auch eine Demokratisierung des Film- und Spielemarktes. Junge Talente könnten dank KI-Tools unabhängig produzieren und neue Formate schaffen, ohne auf die finanzielle Unterstützung großer Studios angewiesen zu sein. Valenzuela sieht hier die Möglichkeit, dass ein Indie-Boom in der Kreativbranche Einzug hält. Kleinere Teams könnten durch KI kostengünstig Inhalte produzieren und so eine Alternative zu den großen Studios bieten.
Ausblick
Auch wenn die Skepsis gegenüber KI groß ist, lassen sich die Chancen nicht leugnen. KI-Tools könnten den kreativen Prozess nicht nur beschleunigen, sondern Künstlern auch neue Möglichkeiten eröffnen, ihre Werke einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Derzeit bleibt die Frage offen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen die kreative Arbeit langfristig schützen können, ohne die technologische Entwicklung zu behindern.
Abschließend lässt sich sagen, dass KI zweifellos die Kreativbranche verändern wird – wie genau, hängt auch vom Verhalten der Unternehmen und Künstler ab. Die Herausforderung wird darin bestehen, eine Balance zwischen menschlicher Kunst und maschineller Effizienz zu finden.
Short
- Die Kreativbranche steht durch KI-Technologien wie Text-zu-Video-Tools vor enormen Umwälzungen.
- Hollywood und die Spieleindustrie nutzen KI zunehmend, was zu Entlassungen und Unsicherheit unter Künstlern führt.
- Künstler wie Karla Ortiz klagen gegen KI-Unternehmen, die ihre Werke ohne Einwilligung genutzt haben.
- Während einige die KI als Bedrohung sehen, erkennen andere darin Chancen für neue kreative Möglichkeiten.
- Die Zukunft der Kreativbranche hängt von der Balance zwischen technologischer Effizienz und dem Schutz künstlerischer Identität ab.
Quellen:
1. Trojan Horse Was a Unicorn Festival2. OpenAI – Sora Project
3. Runway AI
4. Activision Blizzard
5. Lionsgate