Nobelpreise 2024: Große Ehre für KI in Chemie und Physik
Forscher revolutionieren Proteinvorhersage und maschinelles Lernen – KI im Fokus der Wissenschaft.
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Worum geht es?
In diesem Jahr gehen gleich zwei der renommiertesten Auszeichnungen in der Welt der Wissenschaft an Forscher aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Sowohl der Nobelpreis für Chemie als auch der für Physik wurde an Wissenschaftler vergeben, die mit ihrer Arbeit bahnbrechende Fortschritte in der KI-Forschung ermöglichten. Während Demis Hassabis und John Jumper von Google DeepMind für ihre Entwicklungen rund um das AlphaFold-Modell im Bereich der Chemie ausgezeichnet wurden, erhielten John Hopfield und Geoffrey Hinton den Nobelpreis für Physik für ihre Grundlagenforschung im Bereich des maschinellen Lernens. Diese doppelte Würdigung zeigt eindrucksvoll, wie sehr KI die Forschung vorantreibt und das Potenzial hat, revolutionäre Veränderungen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu bewirken.
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Nobelpreis für Chemie: Durchbruch bei der Vorhersage von Proteinstrukturen
Demis Hassabis und John Jumper von Google DeepMind erhielten den Nobelpreis für Chemie für ihre Arbeit an den AlphaFold-Modellen, insbesondere der Version AlphaFold2, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurde. AlphaFold2 gilt als einer der bedeutendsten Durchbrüche in der Bioinformatik und hat die Art und Weise revolutioniert, wie Wissenschaftler Proteinstrukturen verstehen und vorhersagen können.
Proteine sind die Bausteine des Lebens, und ihre Struktur bestimmt, wie sie im Körper funktionieren. Die dreidimensionale Form eines Proteins vorherzusagen, war jedoch jahrzehntelang eine der größten Herausforderungen der Biochemie. Traditionell dauerte es oft Jahre, um die Struktur eines einzigen Proteins experimentell zu bestimmen. AlphaFold2 löste dieses Problem, indem es auf Basis von Aminosäuresequenzen die Struktur eines Proteins präzise vorhersagen kann – und das in einem Bruchteil der Zeit.
Laut der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften, die den Nobelpreis vergibt, hat AlphaFold2 die Strukturen von nahezu allen bekannten Proteinen – rund 200 Millionen – vorhergesagt. Diese enormen Fortschritte haben die Forschung in zahlreichen Bereichen, von der Medizin bis zur Umwelttechnik, tiefgreifend beeinflusst. So wird das Modell unter anderem in der Entwicklung neuer Medikamente eingesetzt, um besser zu verstehen, wie Proteine auf Antibiotika reagieren und warum bestimmte Bakterien resistent werden. Darüber hinaus wird AlphaFold2 in Projekten verwendet, die darauf abzielen, Enzyme zu entwickeln, die Plastik zersetzen können, was einen potenziellen Durchbruch im Kampf gegen Umweltverschmutzung darstellt.
Die neueste Version des Modells, AlphaFold3, wurde im Mai 2024 veröffentlicht und erweitert die Fähigkeiten der Software noch weiter. Neben der Vorhersage von Proteinstrukturen kann AlphaFold3 nun auch die Wechselwirkungen zwischen Proteinen und anderen Molekülen wie DNA oder RNA vorhersagen. Diese neuen Funktionen eröffnen noch größere Möglichkeiten in der biologischen Forschung und könnten zu bahnbrechenden Fortschritten in der Gentherapie und der personalisierten Medizin führen.
Neben Hassabis und Jumper wurde auch der amerikanische Biochemiker David Baker für seine Forschungsarbeiten im Bereich der Vorhersage und dem Design von Proteinstrukturen ausgezeichnet. Baker, dessen Arbeit ebenfalls tief in der KI verwurzelt ist, teilt sich die Hälfte des Preisgeldes von 11 Millionen schwedischen Kronen (knapp 970.000 Euro) mit den beiden Forschern von Google DeepMind.
Für Demis Hassabis, der seine Karriere einst als Spieleentwickler bei dem britischen Studio Bullfrog begann, ist der Nobelpreis ein weiterer Meilenstein. Schon früh zeigte er ein besonderes Talent, komplexe Systeme zu verstehen und zu gestalten – eine Fähigkeit, die sich nun in der Welt der Wissenschaft bezahlt macht.
Nobelpreis für Physik: Pioniere des maschinellen Lernens ausgezeichnet
Nicht nur in der Chemie, sondern auch im Bereich der Physik wurden KI-Forscher für ihre bahnbrechenden Arbeiten ausgezeichnet. Der Nobelpreis für Physik ging in diesem Jahr an John Hopfield und Geoffrey Hinton, zwei Pioniere auf dem Gebiet des maschinellen Lernens und der neuronalen Netze. Die beiden Forscher erhielten die Auszeichnung für ihre grundlegenden Beiträge zur Entwicklung von Modellen, die die Grundlage moderner KI-Technologien bilden.
John Hopfield, geboren 1933, ist Physiker, Molekularbiologe und Neurowissenschaftler und entwickelte 1982 das nach ihm benannte Hopfield-Netz. Dieses neuronale Netz ist in der Lage, Muster in unvollständigen oder verzerrten Daten zu erkennen und wiederherzustellen. Diese Eigenschaft macht es besonders nützlich in der Bildverarbeitung und anderen Bereichen, in denen Daten oft unvollständig oder fehlerhaft sind.
Geoffrey Hinton, Jahrgang 1947, trug maßgeblich zur Weiterentwicklung dieser frühen neuronalen Netze bei. Gemeinsam mit Terrence J. Sejnowski entwickelte er 1985 die sogenannte Boltzmann-Maschine, ein probabilistisches neuronales Netz, das lernen kann, Muster in Daten zu erkennen und neue Beispiele für diese Muster zu generieren. Dieses Netz legte den Grundstein für viele der heutigen maschinellen Lernalgorithmen, die etwa in der Bild- und Spracherkennung eingesetzt werden. Die Arbeit von Hinton und Hopfield führte direkt zu den modernen neuronalen Netzen, die heute die Grundlage für generative KI-Modelle wie ChatGPT bilden.
Beide Forscher haben die Entwicklung des maschinellen Lernens seit den 1980er Jahren kontinuierlich vorangetrieben und gelten als Wegbereiter der heutigen KI-Technologien. Geoffrey Hinton, der 2018 bereits mit dem Turing Award ausgezeichnet wurde, ist auch in der aktuellen KI-Debatte eine prominente Stimme. Er war bis 2023 bei Google tätig, verließ das Unternehmen jedoch, um öffentlich vor den potenziellen Risiken der KI-Entwicklung zu warnen. Besonders die Möglichkeit, dass KI-Systeme eines Tages eine Superintelligenz entwickeln könnten, die der menschlichen Kontrolle entgleitet, bereitet ihm Sorgen.
Trotz dieser Warnungen gehört Hinton weiterhin zu den anerkanntesten Persönlichkeiten in der KI-Forschung. Seine Arbeit an neuronalen Netzen und maschinellem Lernen hat die Entwicklung von Technologien wie autonomem Fahren, medizinischer Bildanalyse und der natürlichen Sprachverarbeitung maßgeblich beeinflusst.
Der Einfluss von KI auf Wissenschaft und Gesellschaft
Die gleichzeitige Vergabe zweier Nobelpreise an Forscher aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz zeigt, wie sehr diese Technologie inzwischen in die wissenschaftliche Forschung integriert ist. Sowohl die Vorhersage von Proteinstrukturen als auch die Entwicklung neuronaler Netze sind Beispiele dafür, wie KI die Art und Weise verändert, wie Wissenschaftler Daten analysieren, Probleme lösen und neue Erkenntnisse gewinnen.
AlphaFold2 und AlphaFold3 haben bereits jetzt einen tiefgreifenden Einfluss auf die biologische und medizinische Forschung, indem sie Prozesse beschleunigen und Erkenntnisse liefern, die ohne den Einsatz von KI viel länger gedauert hätten. Gleichzeitig zeigen die Arbeiten von Hinton und Hopfield, dass die Grundlagen des maschinellen Lernens, die sie gelegt haben, heute für die Entwicklung von Systemen wie ChatGPT, DALL-E und vielen anderen generativen Modellen von zentraler Bedeutung sind.
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen. Geoffrey Hinton beispielsweise warnt vor den potenziellen Risiken, die mit der unkontrollierten Weiterentwicklung von KI verbunden sind. Er sieht die Gefahr, dass Superintelligenzen entstehen könnten, die den Menschen in vielerlei Hinsicht übertreffen und nicht mehr kontrollierbar sind. Diese Bedenken werden zwar von vielen in der Branche geteilt, aber ebenso von anderen als übertrieben angesehen. Der Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, Prof. Antonio Krüger, erklärte dazu, dass solche Szenarien zwar denkbar seien, die tatsächlichen Risiken aber derzeit überschaubar blieben.
Ausblick
Die Verleihung der Nobelpreise 2024 an Forscher aus der KI zeigt, dass diese Technologie nicht nur ein Hype ist, sondern bereits heute bedeutende wissenschaftliche Fortschritte ermöglicht. Ob in der Medizin, der Chemie oder der Physik – Künstliche Intelligenz wird immer mehr zu einem unverzichtbaren Werkzeug für Forscher auf der ganzen Welt.
Während Demis Hassabis und John Jumper mit AlphaFold die Art und Weise revolutioniert haben, wie wir Proteine und ihre Funktionen verstehen, haben John Hopfield und Geoffrey Hinton die Grundlagen für die heutige KI-Entwicklung gelegt. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese Technologien weiterentwickeln und welche neuen Durchbrüche sie ermöglichen werden – in der Wissenschaft und darüber hinaus.
Short
- 2024 wurden die Nobelpreise für Chemie und Physik an KI-Forscher verliehen.
- Demis Hassabis und John Jumper wurden für AlphaFold2, ein Modell zur Vorhersage von Proteinstrukturen, ausgezeichnet.
- John Hopfield und Geoffrey Hinton erhielten den Physik-Nobelpreis für ihre Arbeit im Bereich des maschinellen Lernens.
- Diese doppelte Auszeichnung unterstreicht die wachsende Bedeutung von KI in der wissenschaftlichen Forschung.