IBM-Chef über AGI: Warum die KI-Rechnung scheitern muss
Arvind Krishna enthüllt, wieso aktuelle Modelle niemals echte Intelligenz erreichen und die Billionen-Investitionen verpuffen könnten.

Während die Tech-Welt Milliarden in den Traum einer menschenähnlichen Superintelligenz pumpt, tritt einer kräftig auf die Bremse. IBM-Chef Arvind Krishna erklärt, warum der aktuelle Weg zur Artificial General Intelligence (AGI) technisch und ökonomisch zum Scheitern verurteilt ist – und warum er trotzdem weiter in KI investiert.
Die Sackgasse der Wahrscheinlichkeiten
Im Podcast „Decoder“ mit Nilay Patel fand Krishna deutliche Worte für den aktuellen KI-Goldrausch. Sein Hauptargument: Wir versuchen gerade, mit Statistik ein Verständnis der Welt zu erzwingen. Aktuelle Large Language Models (LLMs) basieren auf Wahrscheinlichkeiten. Sie sagen das nächste Wort voraus, verstehen aber keine Kausalitäten und besitzen kein logisches Denkvermögen.
Krishna bezeichnet die Vorstellung, dass man diese Modelle einfach nur immer größer machen muss, um eine AGI zu erhalten, als „falsche Wissenschaft“. Mehr Daten und mehr Rechenleistung führen zwar zu besseren Texten, aber nicht zu einem Bewusstsein oder echter Problemlösungskompetenz. Die Architektur der aktuellen Systeme stößt hier an eine harte Grenze, die sich nicht einfach mit Brute-Force-Computing durchbrechen lässt.
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Eine Rechnung, die nicht aufgeht
Neben der technologischen Kritik liefert der IBM-CEO eine knallharte wirtschaftliche Analyse. Die Branche steuert auf Investitionskosten von vier bis fünf Billionen Dollar zu, um die nötige Infrastruktur aufzubauen. Damit sich das rentiert, müsste KI menschliche Arbeit in einem gigantischen Ausmaß ersetzen. Doch genau hier liegt laut Krishna der „Rechenfehler“.
In vielen Bereichen ist der Mensch schlichtweg effizienter und günstiger. Der Energiebedarf von Rechenzentren soll bis 2035 um fast 300 Prozent steigen. Einen Menschen durch ein energiehungriges KI-Modell zu ersetzen, das für jede Antwort ein halbes Kraftwerk benötigt, ist oft ökonomischer Unsinn. Die „Unit Economics“ – also die Kosten pro erledigter Aufgabe – sprechen in vielen Fällen gegen die KI und für den menschlichen Mitarbeiter.
Werkzeuge statt Wundermaschinen
IBM zieht daraus Konsequenzen für die eigene Strategie. Statt dem Phantom einer allwissenden AGI hinterherzujagen, konzentriert sich der Konzern auf pragmatische „Enterprise AI“. Es geht um spezifische Modelle für spezifische Probleme im Unternehmensumfeld, nicht um eine Maschine, die Gedichte schreibt und gleichzeitig Code kompiliert.
Das bedeutet auch: Der Mensch bleibt unverzichtbar. Krishna betont, dass IBM weiterhin Menschen einstellt. KI sieht er als Produktivitäts-Booster, der Mitarbeiter unterstützt, statt sie komplett zu verdrängen. Während andere Tech-Giganten auf die Singularität wetten, setzt IBM auf hybride Clouds und spezialisierte KI-Agenten, die heute schon funktionieren – ganz ohne Science-Fiction-Versprechen.