Ein Roboter restauriert Inschriften

Google-KI knackt antike Geheimnisse: Aeneas entziffert römische Inschriften

DeepMind hat mit Aeneas ein Modell gebaut, das lateinische Texte rekonstruiert. Wie zuverlässig ist das Tool wirklich?

Ein Roboter restauriert Inschriften
gpt-image-1 | All-AI.de

EINLEITUNG

Ohne vollständige Inschrift bleibt Geschichte oft Spekulation. Google DeepMind will das ändern: Mit dem KI-Modell Aeneas sollen beschädigte lateinische Texte analysiert, datiert und kontextualisiert werden. Das System kombiniert visuelle und sprachliche Hinweise, ergänzt fehlende Wörter und ordnet Texte zeitlich ein. Doch wie viel Fachwissen lässt sich tatsächlich automatisieren – und wo liegt die Grenze zwischen Algorithmus und archäologischer Deutung?

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KI rekonstruiert Geschichte aus Stein

Aeneas wurde mit fast 177 000 lateinischen Inschriften trainiert und verarbeitet sowohl den Text als auch das Bild der eingescannten Originale. Besonders beim Erkennen der geographischen Herkunft und beim Ergänzen fehlender Zeichen zeigt das Modell beachtliche Präzision. Es kann Lücken rekonstruieren, deren Länge nicht bekannt ist, und dabei historische Muster erkennen, die selbst erfahrenen Epigraphikern entgehen. Bei der geographischen Einordnung traf Aeneas mit 72 Prozent Wahrscheinlichkeit ins Schwarze, das geschätzte Alter der Inschriften wich im Schnitt nur um 13 Jahre ab.

Die Ergebnisse lassen sich nicht isoliert betrachten. In Tests mit 23 Historikern konnte das Modell Lücken von bis zu zehn Zeichen mit einer Trefferquote von 73 Prozent in den Top-Vorschlägen füllen. Auch bei völlig unbestimmten Lücken lag Aeneas immerhin bei 58 Prozent. Die Kombination aus KI-Vorschlag und menschlicher Korrektur reduzierte die Fehlerquote deutlich. Statt 39 Prozent Zeichendefizit blieben im Schnitt nur 21 Prozent – ein messbarer Fortschritt, den viele der beteiligten Historiker als echte Erleichterung empfanden.

Quelle: Nature.com

Digitaler Blick auf Augustus’ Propaganda

Ein zentrales Testfeld war die berühmte Inschrift „Res Gestae Divi Augusti“, ein Schlüsseldokument römischer Selbstinszenierung. Statt sich auf ein fixes Datum festzulegen, analysierte Aeneas Wahrscheinlichkeitsmuster. Die Ergebnisse: ein kleinerer Zeitbereich um 10–1 v. Chr., ein größerer zwischen 10–20 n. Chr. – beides plausible Hypothesen aus Sicht der Forschung. Damit wird deutlich, dass Aeneas keine endgültigen Urteile fällt, sondern Spielräume aufzeigt, die Historikern neue Lesarten ermöglichen.

Darüber hinaus erkannte das Modell sprachliche Parallelen zu juristischen Texten und politischer Rhetorik, die menschlichen Bearbeitern zuvor entgangen waren. Diese Muster sind nicht nur Details, sondern liefern neue Anknüpfungspunkte für die Interpretation: Wo endet Propaganda, wo beginnt öffentliches Recht? Aeneas vergrößert den Suchraum für solche Fragen.

Quelle: Gemini

Mensch bleibt im Zentrum – vorerst

Trotz der beeindruckenden Ergebnisse ist klar: Die Maschine allein reicht nicht. Erst durch das Zusammenspiel mit der menschlichen Einschätzung wird aus statistischer Wahrscheinlichkeit eine belastbare Interpretation. Aeneas verändert nicht das Ziel der Forschung, aber die Art und Weise, wie sie betrieben wird. Historiker erhalten ein Werkzeug, das Vorschläge macht, nicht Wahrheiten verkündet.

Am Ende bleibt das vielleicht die wichtigste Erkenntnis: Aeneas bringt keine Klarheit im klassischen Sinn, sondern öffnet neue Perspektiven. Statt einer festen Antwort liefert die KI einen Möglichkeitsraum. Und der ist – gerade für die Geisteswissenschaften – oft wertvoller als eine einfache Lösung.

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KURZFASSUNG

  • Google DeepMind hat mit Aeneas eine KI entwickelt, die römische Inschriften rekonstruieren, datieren und geografisch einordnen kann.
  • Das multimodale Modell kombiniert Text- und Bildanalyse und zeigt hohe Trefferquoten bei Ort, Zeit und Inhalt.
  • In Zusammenarbeit mit Historikern verbesserte Aeneas die Restauration signifikant und brachte neue Erkenntnisse zutage.
  • Aeneas gilt als bahnbrechendes Werkzeug, das nicht ersetzt, sondern unterstützt und neue Perspektiven auf alte Texte liefert.

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