Eine MIT Drohne

Besser als die Natur? MIT-Drohne übertrifft biologische Vorbilder

Mit 500 Flügelschlägen pro Sekunde und KI-Hirn zeigt dieser Roboter, wie veraltet klassische Mechanik ist.

Andreas Becker Nano Banana
Eine MIT Drohne

Ingenieure des MIT haben einen nur wenige Zentimeter großen Roboter entwickelt, der die Flugkunst von Insekten nahezu perfekt imitiert. Durch eine neuartige Kombination aus Deep Learning und robuster Steuerung meistert die Maschine selbst Windstöße und Kollisionen mühelos, was völlig neue Einsatzszenarien ermöglicht.

Akrobatik auf Insekten-Niveau

Bisherige Mikroroboter hatten oft Probleme mit der Stabilität. Sie waren zwar klein, aber bei Luftverwirbelungen oder Hindernissen stürzten sie schnell ab. Das neue System des Massachusetts Institute of Technology ändert das grundlegend. Der Roboter führt komplexe Manöver aus, die man bisher nur aus der Tierwelt kannte. Er fliegt Loopings, dreht sich blitzschnell um die eigene Achse und fängt sich nach einem Zusammenstoß in der Luft wieder auf.

Diese Widerstandsfähigkeit ist der entscheidende Faktor für den praktischen Nutzen. In Tests zeigte sich, dass der Roboter selbst dann stabil bleibt, wenn er von einem Stab getroffen wird oder gegen eine Wand fliegt. Die Entwickler orientierten sich dabei an der Robustheit von Hummeln, die trotz ihres massigen Körpers und kleiner Flügel extrem präzise navigieren. Die Maschine erreicht dabei eine Flügelschlagfrequenz von rund 500 Hertz.

Anders als starre Drohnen nutzt dieser Roboter weiche Aktuatoren, sogenannte künstliche Muskeln aus dielektrischen Elastomeren. Diese wandeln elektrische Spannung direkt in mechanische Bewegung um. Das spart Gewicht und eliminiert verschleißanfällige Getriebe, macht die Steuerung aber mathematisch hochkomplex.

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Das Gehirn der künstlichen Biene

Die eigentliche Innovation liegt in der Software. Die Steuerung eines so dynamischen Systems erfordert Berechnungen in Millisekunden, was herkömmliche Mikrochips an ihre Grenzen bringt. Das Team entwickelte daher einen neuen Algorithmus, der auf "Tube-based Model Predictive Control" (MPC) setzt. Dieser Ansatz definiert einen sicheren Schlauch – die sogenannte Tube – innerhalb dessen sich der Roboter bewegen darf.

Kombiniert wird dieses Verfahren mit Deep Learning. Ein neuronales Netz schätzt in Echtzeit die aerodynamischen Kräfte ab, die auf die Flügel wirken. Da Luftströmungen im Mikrobereich chaotisch sind, lernt das System ständig dazu und passt die Steuersignale an, ohne den Prozessor zu überlasten. Das neuronale Netz wurde so optimiert, dass es extrem speichereffizient ist und direkt auf dem winzigen Mikrocontroller des Roboters läuft.

Der Algorithmus garantiert, dass der Roboter nie die physikalischen Grenzen seiner Aktuatoren überschreitet. Das verhindert ein Durchbrennen der künstlichen Muskeln bei extremen Manövern. Diese Symbiose aus klassischer Regelungstechnik und modernem maschinellen Lernen ermöglicht erst die hohe Agilität.

  • Gewicht: Weniger als ein Gramm (Insektenskala)
  • Antrieb: Weiche Aktuatoren (Dielektrische Elastomere)
  • Steuerung: Tube-based MPC kombiniert mit Deep Learning
  • Frequenz: Ca. 500 Flügelschläge pro Sekunde
Quelle: MIT - Credit: Courtesy of the Soft and Micro Robotics Laboratory

Einsatzgebiete jenseits der Forschung

Die Fähigkeit, auf engstem Raum zu manövrieren, eröffnet konkrete Anwendungsfelder in der Industrie und im Katastrophenschutz. Große Drohnen scheitern oft in eingestürzten Gebäuden oder engen Schächten. Der neue Mikroroboter kann durch Spalten navigieren, um Verschüttete zu suchen oder Gaslecks zu identifizieren.

Auch in der Wartung von Großmaschinen sehen die Forscher Potenzial. Der Roboter könnte ins Innere einer Flugzeugturbine fliegen, um dort nach Haarrissen zu suchen, ohne dass das Triebwerk zerlegt werden muss. Langfristig ist sogar der Einsatz als künstlicher Bestäuber in der Landwirtschaft denkbar, sollte das Bienensterben weiter voranschreiten.

Die Technologie ist bereit für den Schritt aus dem Labor. Mit der jetzigen Steuerungsarchitektur haben die Ingenieure bewiesen, dass autonome Navigation auf Insekten-Niveau keine reine Theorie mehr ist, sondern technisch umsetzbar wird.

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